viaggio|zero|due |
Saturday, 17. August 2002
nicht die BOHNE...
viaggiozerodue
15:21h
Man sagt ja, die Amis seien borniert. Fahren ins Ausland, um dann letztlich zur Nahrungsaufnahme im McDonald's zu landen. Nun, die Wiener sind ja bekanntermaßen nicht weniger borniert (vor allem wenn sie von Deutschen begleitet werden). Deshalb suchen sie halt auf der Reise nach jenen Plätzen, in denen es wunderbare Kaffeehäuser gibt. Besonders suchen sie dann halt jene Orte auf, die so irgendwie typisch nach dem alten Österreich ausschauen und die man zu Hause eigentlich eher selten frequentiert. Aber gut, man ist ja "im Urlaub". Von Wien importieren wir das Vorurteil, dass Illy-Cafe aus Triest der Beste sei. Angeblich werden bei Illy ja die schlechten Bohnen aussortiert (ob das der Meinl-Mohr macht?). Illy ist natürlich so italienisch wie das Triestiner Kaffeehaus. In einem Buch lesen wir, dass Großvater Illy ein Tischler war... in Ungarn. Heute geben sich die Illys modernistisch, mit einem "outlet" in der Stadt: cool designt, aber nicht wirklich weltbewegend. Auf jeden Fall schöner als die Illy-Rösterei selbst. Die liegt so ungefähr unter einer Autobahnabfahrt (wahrscheinlich auch deshalb die Bezeichnung "ground roastet"). Wir entscheiden uns für das Antico San Marco als Aufenthaltsort. Dort werden alle Klischees erfüllt, und in der Bücher-Ecke stehen natürlich massig Ausgaben von Italo Svevo. Dessen erster Roman, Una Vita, war in Triest auch rasch vergriffen. Der Autor hatte die Auflage fast selber gänzlich aufgekauft, um Exemplare seines Romans dann an Freunde zu verschenken. Über Svevos Leben gäbe es noch viel zu erzählen, aber da man ja Kaffee nur in Maßen genießen kann und man in Massen dann eher dem Rotwein zuspricht, ist es mit der Erinnerung wie in einem Svevo-Roman: Alles ist durcheinander. In der Nähe des Antico San Marco befindet sich der Giardino pubblico. Zu Ostern schon hatten wir Svevo-Afficinados diesen gesucht. Doch wir haben nur einen Beserl-Park gefunden, und zwei alte Triestinerinnen meinten nur: "Che cosa volete nel giardino pubblico? Fa schivo. Andate vedere il parco di Miramare." Svevo kannten sie nicht. Noch so eine Mitteleuropa-Fabrikation, auf die man in Triest ja eher pfeift. Questo è l'Italia. Recht haben sie. Dem Kaiser trauert man ja eher bei Goriza nach. Antico Cafe San Marco ... Link
Das italienische Triest
viaggiozerodue
13:02h
Die Reise ins "italienische" Triest führt aus dem architektonischen Zentrum des habsburgischen Freihafens, dem symetrischen Borgo teresiano, hinauf in die Hügel der Stadt. Die italianità des 19. Jahrhunderts findet in einem Gründerzeitgebäude ihren Kristallisationspunkt: dem Politema Rossetti. Benannt nach dem Triestiner Patrizier und Gelehrten Domenico Rossetti (er wollte Triest mit dem Historiker Petro Kandler seine italienischen Wurzeln zurückgeben, schuf zugleich die Nekropole für den in Triest ermordeten JJ. Winckelmann) wird das 1878 erbaute Theater zu dem zentralen Anziehungspunkt für das italienischen Triest. Nicht von ungefähr weiht man das Theater mit einer Verdi-Oper ein, zeigt hier 1905 dem ausschließlich italienischen Publikum den ersten Film. Der Faschismus legt schließlich nicht nur die italienischen, sondern auch die römischen Fundamente der Stadt frei. Im lokalen Triest-Führer wird dieser Umstand eher lapidar vermerkt, die dahinter liegende Ideologie, Ableitung der Italianità aus dem Glanz des römischen Reiches, erachtet man auch nachträglich nicht sonderlich erwähnenswert. So findet man am Steilhang der mittelalterlichen Altstadt Teile der historischen Bausubstanz vernichtet, dafür aber nun die Überreste des römischen Theaters freiliegen. Gegenüber dem römischen Theater liegt eines der typischen Monumente faschistischer Architektur. Die Questura steht architektonisch stellvertretend für andere Gebäude des Faschismus: Versicherungsgebäude, die Universität, etc. Aus dieser Bauphase herausragend und Dokument für die Verschmelzung von Faschismus und Modernismus: Der Mercato coperto aus 1938. Der Weg in die Hügel der Stadt führt schließlich in die nur noch italienisch markierte Gegenwart. Der kommunale Wohnbau verewigt sich in teils trutzigen Sichtbetonburgen auf den Hügeln im Nordosten Triests. Der Weg zurück in Richtung Hafen führt zu einem weiteren architektonischen Monument der Gegenwart: dem Stadio Nereo Roco, einem für die Stadt und die Bedeutung des lokalen Klubs Triestina vollkommen überdimensionierten Projekt.
Stadio Nereo Roco (Luciano Celli) Mehr zur Architektur Triests ... Link |
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